Kraftfahrzeug mit Holzgasgenerator





Ein Kraftfahrzeug mit Holzgasgenerator ist ein Fahrzeug mit Holzgas als Kraftstoff.
Entwicklungsgeschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Entwicklungsgeschichte von Gasgeneratoren mit Holzvergasung (Holzgasgeneratoren) geht auf den französischen Ingenieur Philippe Lebon zurück. Er erhielt 1799 das erste Patent zu seinen Erfindungen mit Gasen aus der Destillation von Holz und meldete später weitere Patente an.[1][2] Étienne Lenoir entwickelte im Laufe des Jahres 1859 den ersten brauchbaren Gasmotor, der mit „Leuchtgas“ (Stadtgas) betrieben werden konnte. Der Motor von Lenoir wurde erfolgreich stationär und mobil eingesetzt. Als eines der frühesten Kraftfahrzeuge ist das Hippomobile von 1860 mit dem Gasmotor von Lenoir bekannt.[3] Ab etwa der Mitte des 19. Jahrhunderts kamen etliche Patentanmeldungen zur Gaserzeugung hinzu, die hauptsächlich zur Beschickung von stationären Einrichtungen mit Stadtgas genutzt wurden. Der Anteil von Holzgas blieb bei Stadtgaswerken mengenmäßig eher gering. Die Gebrüder Edouard und Leon Benier erhielten die Patente CH4742 und FR344988 für Gasmotoren und Holzgasgeneratoren, die unter anderem von M. Taylor & Cie. in Paris gebaut und verkauft wurden. Die Gasmotoren von Taylor waren für „Gas pauvre“ (Holzgas oder Leuchtgas) eingerichtet.[4][5] Der Erfindung des Ottomotors folgten Verbesserungen an den Holzgasgeneratoren.
Georg Imbert erhielt ab 1902 Patente zu Holzvergaseranlagen, die mit Anpassungen für den mobilen Betrieb als „Kraftgasanlagen“ auch für den Einsatz mit Automobilen und weiteren Fahrzeugen geeignet waren.[6] In Frankreich wurde die Technik in den 1920er-Jahren gefördert. Nach Imbert wurden Hersteller wie Gohin-Poulenc, Fap Elgazo Tarbes, Panhard, Electrolux und weitere bekannt. 1944 waren in Frankreich rund 20 Hersteller aktiv.[7] In der Zeit des Zweiten Weltkrieges wurden weltweit Fahrzeuge mit Holzgasgeneratoren nachgerüstet, weil mineralische Flüssigkraftstoffe (Motorenbenzin, Dieselkraftstoff, Benzol und Petroleummischungen) knapp und militärischen Verwendungen vorbehalten waren. Die „Imbert Generatoren GmbH“ stellte 1945 noch 500.000 Holzgasgeneratoren her. 1952 wurde die Fertigung von Imbert in Köln geschlossen.[8]
Im 21. Jahrhundert blieben nur wenige Oldtimer mit Holzgasgeneratoren erhalten. Neue Fahrzeuge werden nur noch selten für Holzgasbetrieb ausgerüstet.[9] Die Technik zur Gaszeugung aus Holz hat im Bereich der Biomassevergasung an Bedeutung gewonnen, da sowohl Holzvergaserkessel als auch Kraft-Wärme-Kopplung damit möglich ist. Das Wissen zur Technologie für den mobilen Einsatz mit Fahrzeugen betrachten staatliche Stellen wie beispielsweise die Federal Emergency Management Agency als nützlich für Fälle von nationalen Energienotständen.[10]
Betrieb mit Holzgas
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Betrieb von Kraftfahrzeugen ist eine der möglichen Nutzungen von Holzgas. Die Generatoren mit ihren Holzvergaserkesseln, Wärmetauschern und weiteren Gasaufbereitungsstufen und -leitungen wurden außen an der Karosserie befestigt oder als Anhänger mitgeführt. Die technische Anlage dazu, der Holzvergaserkessel, wurde mit Brennholz befüllt und funktionierte als Festbettvergaser. Durch Erhitzen entwich aus dem Holz das brennbare Gasgemisch (Holzgas), dessen Bestandteile hauptsächlich aus dem nicht brennbaren Stickstoff der Luft, Kohlenstoffdioxid, brennbarem Kohlenstoffmonoxid (zusammen ca. 85 %) und Methan sowie kleineren Anteilen von Ethylen und Wasserstoff bestanden. Beim Betrieb der Fahrzeuge konnte etwa ein Liter Benzin durch die aus etwa 2 kg bis 3 kg Holz gewonnene Gasmenge ersetzt werden.
Fahrzeuge mit Holzgasgeneratoren
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Fahrzeuge wie das Hippomobile von Lenoir mit speziell für Holzgas ausgelegten Gasmotoren konnten sich nicht gegen Fahrzeuge mit Mineralenergieantrieben oder mit elektrischen Batterien durchsetzen. Dennoch wurde die Technik gefördert und eingesetzt, um in Zeiten von Brennstoffknappheit eine einfach verfügbare Alternative zur Sicherung der Mobilität zu haben. Die meisten holzgasbetriebenen Fahrzeuge sind aus dem Bereich der Landfahrzeuge bekannt. Es wurden auch Wasserfahrzeuge und als Flugzeug der Typ Comte AC-4[11][12] mit Holzgas betrieben.
Bei großen Kfz-Herstellern wie Renault, Peugeot und Citroen waren Fahrzeuge mit Holzgasgeneratoren ab Werk erhältlich. Von 1930 bis etwa in die 1950er-Jahre wurden weltweit für Fahrzeuge Holzgasgeneratoren entwickelt und zeitweise über eine Million Kraftfahrzeuge damit betrieben. Die „Imbert Generatoren GmbH“ stellte 1945 noch 500.000 Holzgasgeneratoren her.[8]
- Lastkraftwagen
In den 1920er-Jahren wurden in Frankreich Versuchsfahrten zur Förderung von Lastkraftwagen mit Holzgasgeneratoren veranstaltet. Nachfolgend waren von französischen Herstellern Lastkraftwagen und auch landwirtschaftliche Traktoren mit der Technik verfügbar. Während des Zweiten Weltkrieges wurden von allen Kriegsparteien Holzgas-Lkw genutzt. In Russland wurden systematisch Fahrzeuge wie der GAZ-42 entwickelt und genutzt. Bis in die frühen 1950er-Jahre waren in Deutschland etliche Lastwagen mit Holzvergaser im Einsatz.
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Chevrolet HS 157D
- Omnibusse
Der Betrieb von Omnibussen mit Holzgasgeneratoren wurde in etlichen Länder zur Absicherung des Verkehrs bei Brennstoffknappheit eingeführt. Die Technik war meist eine Abwandlung von Lastkraftwagen, wobei die Fahrgäste möglichst wenig vom Holzgasbetrieb beeinträchtigt werden sollten. Deshalb wurde zum Teil die Technik auf Anhängern nachgeführt.
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Bus (Rom 1935)
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Ao-bus (Japan 1937)
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Holzgas-Anhänger
- Personenkraftwagen
Der Betrieb von Personenkraftwagen war zeitweise für Privatpersonen eine Möglichkeit für Individualverkehr trotz Brennstoffknappheit oder Rationierung. Im Zweiten Weltkrieg und einige Zeit danach wurden viele Pkw mit Holzgas betrieben.
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Ford Model A 1928 mit Holzgasantrieb
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Mercedes-Benz W 143 (Berlin 1946)
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Holzgas im Nachläufer
- Schienenfahrzeuge
Einige Hersteller von Schienenfahrzeugen haben systematisch Schienenbusse und Triebwagen für Holzgasbetrieb entwickelt. Darüber hinaus wurden einige kleinere Lokomotiven wegen Brennstoffknappheit auf Holzgasbetrieb umgestellt.
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Lokomotive NS Class 200
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Lokomotive Deutz C XIV R
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Umbau-Info Deutz C XIV R
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Triebwagen Panhard
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Triebwagen FS ALg 56
Patent-Informationen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Patentübersicht zu Holzvergasersystemen:
- Patent US14045A: Making illumination Gas. Veröffentlicht am 8. Januar 1856, Erfinder: N. Aubin.
- Patent CH4742A: Gazogène pour moteurs à gaz. Angemeldet am 25. März 1892, veröffentlicht am 15. Juli 1892, Erfinder: Leon Benier.
- Patent FR321486A: Nouveau foyer de chaleur dénommé "novita". Angemeldet am 13. Mai 1902, veröffentlicht am 12. Januar 1903, Erfinder: Georg Imbert.
- Patent FR344988A: Gazogène pour moteurs d'automobiles et de bateaux. Angemeldet am 20. Juli 1904, veröffentlicht am 18. November 1904, Erfinder: Edouard Benier.
- Patent US765340A: Gas-Burner. Angemeldet am 19. Dezember 1902, veröffentlicht am 19. Juli 1904, Erfinder: Georg Imbert.
- Patent AT102805B: Gaserzeuger. Angemeldet am 15. September 1924, veröffentlicht am 25. März 1926, Erfinder: Georg Imbert.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Hermann Hofbauer, Alexander Vogel, Martin Kaltschmitt: Vergasung. In: Energie aus Biomasse. Grundlagen, Techniken und Verfahren. Springer, Berlin, Heidelberg 2009, ISBN 978-3-540-85094-6, S. 599–669.
- Olaf von Fersen: Ein Jahrhundert Automobiltechnik. Springer Berlin Heidelberg, Berlin, Heidelberg 1987, ISBN 3-662-01119-0, S. 34 ff.
- Werner Kroll: Der Gasgenerator. G. Kliemt, Berlin 1943 (Online bei Archive.org).
- H. LaFontaine, G. P. Zimmerman: Construction of a simplified wood gas genarator for fuelling internal combustion engines in a petroleum emergency. Hrsg.: FEMA. Washington 1989 (Commons-PDF).
- G. Septembre, A. Lepoivre: Les gazogènes pour l'automobile. Chiron, Paris 1940 (Online bei Archive.org).
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Sergej Lahunov: 100 Jahre Auto mit Holzvergaser (Dokumentarfilm) auf YouTube, 2. August 2011, abgerufen am 3. März 2025 (Laufzeit: 48:50).
- Fahrzeug Holzvergaser. holzgas.ch
- Forum und Bildersammlung, seltene Modelle bei driveonwood.com (englisch).
- ZEMDOKU: Holzvergaser an LANZ Bulldog 1942 auf YouTube, 19. April 2023, abgerufen am 23. Februar 2025.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Irene Meichsner: Patent für die „Thermolampe“. deutschlandfunk.de, 21. September 2019, abgerufen am 23. Februar 2025.
- ↑ Lebon gas engine. monaco-patents.com, abgerufen am 23. Februar 2025.
- ↑ Voiture mue par une machine de système Lenoir. Le Monde illustré m, 16. Juni 1860, abgerufen am 2. März 2025.
- ↑ BENIER Moteurs. In: vieilles-soupapes.1fr1.net. Abgerufen am 2. März 2025 (zeitgenössische Werbung mit Darstellungen von Benier Motoren).
- ↑ TAYLOR Moteurs. In: mototracteurs.forumactif.com. Abgerufen am 2. März 2025 (zeitgenössische Werbung mit Darstellungen von Taylor Motoren).
- ↑ Friedrich Barth: Wahl, Projektierung und Betrieb von Kraftanlagen, Ein Hilfsbuch für Ingenieure, Betriebsleiter, Fabrikbesitzer. Hrsg.: C.O.G. 1919, ISBN 978-3-642-98859-2, S. 25–30 (Springer).
- ↑ René Le Grain: Les Gazogene Unifies Pour Vehicule Automobile. Hrsg.: C.O.G. 1943–1944 Auflage. 1944, S. 3–7 (Online bei Archiv.org).
- ↑ a b Imbert Holzgasgeneratoren. fomcc.de
- ↑ Marvin McFalls: Traction Avant Gazogène Coal Gas Burners Storm Pebble Beach. citroenvie.com, 31. August 2022, abgerufen am 1. März 2025.
- ↑ H. LaFontaine, G. P. Zimmerman: Construction of a simplified wood gas genarator for fuelling internal combustion engines in a petroleum emergency. Hrsg.: FEMA. Washington 1989 (Commons-PDF).
- ↑ Ernst Wyss: Comte AC-4 fliegt mit Holzgas. 1939, abgerufen am 3. März 2025.
- ↑ Erich Gandet: Sie flog auch mit Holzkohle. In: SkyNews.ch. Nr. 4, April 2006, S. 40–41 (Online-PDF bei archive.org).