Paris, August 1900. Die erste Metro-Linie fährt seit einem knappen Monat, die Olympischen Spiele halten die Stadt in Atem, und die Weltausstellung präsentiert Visionen von den Fortschritten des bevorstehenden 20. Jahrhunderts. Vielleicht haben dieser Rummel und das heiße Wetter die Wissenschaftler abgeschreckt: Nur 230 der ursprünglich erwarteten 1.000 Teilnehmer sind zum zweiten Internationalen Mathematikerkongress gekommen.

Unter ihnen ist der 38-jährige David Hilbert, ein Professor aus Göttingen. Man erwartet von dem Vorsitzenden der Deutschen Mathematiker-Vereinigung (DMV) eine Rückschau auf die Entwicklung der Mathematik im 19. Jahrhundert. Doch der Redner blickt nicht zurück, sondern nach vorn. Bis zur letzten Minute hat er an seinem Vortrag mit dem Titel Mathematische Probleme gefeilt. Hilbert will der Disziplin mit seiner Liste von ungelösten Fragen ein Programm für die nächsten Jahrzehnte vorgeben.