David Hilbert (1862-1943)
David Hilbert wurde am 23.01.1862 in K�nigsberg geboren. In K�nigsberg ist er aufgewachsen, hat er studiert und wurde Privatdozent. Er hat auch hier K�the Jerosch geheiratet. Er blieb sein Leben lang ein Ostpreu�e und behielt immer die ostpreu�ische Mundart bei, wie man von einem auf Schallplatte festgehaltenen Vortrag von 1930 noch sehr gut h�ren kann. In diesen fr�hen Jahren hatte er neue zukunftsweisende Ideen in die Algebra und Geometrie eingef�hrt. Diese Methoden bilden noch heute die Grundlage der algebraischen Geometrie. Die K�nigsberger Jahre waren sehr produktiv, trotzdem stellten sie nur ein Vorspiel zu seiner G�ttinger Zeit dar.
Hilbert wurde 1895 mit knapp 33 Jahren als Ordinarius nach G�ttingen berufen: hier blieb er bis zu seinem Tode in 1943. Die fr�hen Jahre in G�ttingen waren nicht gerade einfach, weil die direkte und unabh�ngige Pers�nlichkeit Hilberts mit dem damals sehr ausgepr�gten Standesd�nkel der Universit�tskreise in Konflikt geriet. Zum Beispiel wurde es als ein Skandal empfunden, als er, der Ordinarius mit Assistenten in einem Lokal Billard spielte.
Jahre sp�ter, als der Physiker Max Born sich zwischen einem Ruf nach G�ttingen und seinem Verbleiben in Frankfurt entscheiden mu�te, gab ihm Albert Einstein den Rat: "Wenn ich mich in die Lage denke, so kommt es mir vor, ich bliebe lieber in Frankfurt. Denn mir w�re es unertr�glich, auf einem kleinen Kreis aufgeblasener und meist engherziger (und -denkender) Gelehrter so ganz angewiesen zu sein (kein anderer Verkehr). Denkt daran, was Hilbert ausgestanden hat von dieser Gesellschaft." Hilbert �berstand diese anf�nglichen Schwierigkeiten, und wurde in ungew�hnlichem Ma� von seinen Studenten geliebt und geehrt.
Umgekehrt geno� Hilbert den Kontakt mit seinen Studenten. Er ging mit ihnen, und mit allen anderen, die mitgehen wollten, auf lange Spazierg�nge in den W�ldern, auf denen Mathematik, Politik, Wirtschaft diskutiert wurde. Seine Frau K�the bereitete gro�e Mahlzeiten f�r die Studenten vor. Hilbert liebte Gartenarbeit, und zwischen den T�tigkeiten im Garten ging er zu einer langen, mit einem Dach vor Regen gesch�tzten Wandtafel und mathematisierte, um dann wieder sein Blumenbeet weiter umzugraben. Hier im Garten durften seine Studenten ihn auch besuchen. Hilberts Auffassung gemeinsamer wissenschaftlicher Arbeit fand hier ihren lebendigen Ausdruck.
Hilbert arbeitete nacheinander in ganz verschiedenen Gebieten der Mathematik jedes dieser Gebiete, und dadurch die ganze Mathematik hat er mit seiner Denkweise gepr�gt. Die Art, wie ein heutiger Mathematiker �ber seine Wissenschaft denkt und in ihr arbeitet, geht in gro�em Ma� auf Hilbert zur�ck. Klarheit der grundlegenden Prinzipien war f�r Hilbert ein zentrales Gebot; durch Klarheit, gekoppelt mit einer au�ergew�hnlichen Phantasie, ist er tief in das Wesen mehrerer Gebiete der Mathematik eingedrungen.
Hilbert war ein "reiner" Mathematiker, d.h. er ist von Problemstellungen der Mathematik ausgegangen und nicht etwa von solchen der Physik oder einer anderen Wissenschaft, die mathematische Hilfsmittel verwendet. Das bedeutet aber keineswegs, da� nicht einige der von ihm entwickelten Theorien wichtige Anwendungen gefunden haben. Hier seien nur zwei Beispiele erw�hnt. In den ersten Jahren dieses Jahrhunderts hat Hilbert gezeigt, da� man eine Vorstellung f�r gewisse unendlich-dimensionale R�ume (Hilbert R�ume) entwickeln konnte, und da� einige wichtige mathematische Probleme ihre L�sung nur im Rahmen dieser R�ume fanden. Er entwickelte eine "Spektraltheorie"; zehn Jahre sp�ter wurde diese Theorie die Grundlage der neuen Quantenmechanik, und die Spektraltheorie Hilberts wurde verwendet, um die Spektrallinien von ionisierten Gasen zu erkl�ren und zu berechnen.
Das zweite Beispiel ist Hilberts Arbeit in den 20er Jahren in der mathematischen Logik. Sein Ziel war es, die Grundlagen der Mathematik zu erforschen. Er hat das "Entscheidungsproblem" aufgestellt: gibt es eine Methode, die entscheiden kann, ob eine gegebene Aussage richtig oder falsch ist. Jetzt wissen wir durch G�dels Satz, da� es Aussagen gibt, die richtig sind, aber deren Richtigkeit nicht festgestellt werden kann. Die Fragestellung Hilberts hat zu der sogenannten Turingschen Maschine und der Theorie formaler Sprachen gef�hrt, die heute Grundlage der Informatik und Computertechnik sind.
Hilbert hat auf dem zweiten Internationalen Mathematikerkongress in Paris 1900 den Auftakt ins zwanzigste Jahrhundert gegeben: er stellt dreiundzwanzig zentrale Probleme aus vielen verschiedenen Richtungen der Mathematik vor. Die meisten, aber nicht alle dieser Probleme sind heute gel�st. Gel�st oder nicht haben sie die Richtung der Mathematik im zwanzigsten Jahrhundert ma�gebend bestimmt. Hilbert war stets ein Optimist. Er hat seinen Glauben in den noch heute ermutigend wirkenden Worten, mit denen er seine auf Schallplatte festgehaltene Festrede bei der Verleihung der Ehrenb�rgerrechte K�nigsbergs im Jahre 1930 abschlo�: "Wir m�ssen wissen. Wir werden wissen."